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BiA-RatgeberVoraussetzungen für die Ausbildung: Was Sie als Handwerksbetrieb beachten sollten

Was tun gegen den immer stärker werdenden Fachkräftemangel im Handwerk? Am besten: selber ausbilden! Doch für viele Handwerksbetriebe stellt dieser Schritt zu Beginn eine große Hürde dar und es tauchen unzählige Fragen auf: Welche Voraussetzungen zur Ausbildung müssen Betriebe erfüllen? Welche rechtlichen Schritte gibt es zu beachten? Was muss ich als Betrieb im Voraus klären und organisieren? Wie sollte man bei der Erstausbildung am besten vorgehen? All diese Fragen und noch viel mehr werden wir nun für Sie im Laufe des Beitrags beantworten.

Inhaltsverzeichnis

1. Rechtliche Voraussetzungen zum Ausbilden  I   2. Weitere Voraussetzungen für Ausbildungsbetriebe I 3. Interview mit unserer Expertin  I   4. Tipps und Tricks für die erstmalige Ausbildung   I   5. Gute Ausbildung - Gute Fachkräfte



1. Rechtliche Voraussetzungen zum Ausbilden

Bei den Ausbildungsberaterinnen und Ausbildungsberatern der Handwerkskammern melden sich immer häufiger Betriebe mit dem Wunsch, erstmals Auszubildende aufzunehmen. Dazu muss man als Handwerksunternehmen einige rechtliche Voraussetzungen für die Ausbildung erfüllen. Die exakten Gesetzestexte und Paragraphen sind in der Handwerksordnung (HwO) und im Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt. Die wichtigsten Punkte haben wir dennoch hier für Sie in leicht verständlichen Worten zusammengefasst:

  • Der Betrieb muss einen Mitarbeiter in seinen Reihen haben, der entweder über einen Meistertitel oder über einen ADA-Schein verfügt bzw. die Ausbildereignungsprüfung erfolgreich abgeschlossen hat. Nur so wird man als Unternehmen zum Ausbilden berechtigt.
  • Darüber hinaus sollte der Betrieb problemlos alle in den entsprechenden Ausbildungsordnungen festgehaltenen Ausbildungsinhalte vermitteln können und dafür auch über die passende Ausstattung verfügen. Die genauen Ausbildungsordnungen für Ihre Branche können Sie bei der regionalen Handwerkskammer anfordern.
  • Neben der fachlichen Eignung muss ein Ausbilder auch persönlich geeignet sein. Er darf im Voraus nicht gegen das Berufsbildungsgesetz und gegen die Handwerksordnung verstoßen haben. Auch ein Verbot, Jugendliche nicht beschäftigen zu dürfen, darf nicht vorliegen.


2. Weitere Voraussetzungen für die Ausbildung im Betrieb

Neben den rechtlichen Bedingungen gibt es noch weitere Voraussetzungen für die Ausbildung im Betrieb. Diese sind zwar nicht gesetzlich festgehalten, sollten für eine erfolgreiche Ausbildung aber trotzdem erfüllt werden:

  • Ist genug Zeit vorhanden? Ein Betrieb und die darin tätigen Mitarbeitenden sollten sich im Voraus die Frage stellen, ob sie die zeitlichen Ressourcen für eine Ausbildung zur Verfügung haben. Denn klar ist: Ein Azubi benötigt zu Beginn viel Zeit – und das ist auch richtig so! Immerhin sollen am Ende gut ausgebildete Fachkräfte entstehen, die irgendwann ganz selbstständig arbeiten können.
  • Können Sie oder Ihre Ausbilder Geduld mitbringen? Bei der Arbeit mit jungen Auszubildenden ist jede Menge Beharrlichkeit gefragt! Es geht nämlich nicht nur darum, Ihr berufliches Know-how weiterzugeben, sondern die Lehrlinge auf ihrem Entwicklungsweg vom Jugendlichen zum jungen Erwachsenen zu begleiten. Das kann mitunter die Geduldsnerven strapazieren und zu einer Herausforderung werden.
  • Herrscht ein angenehmes Betriebsklima? Ein Azubi muss sich wohl und angenommen fühlen, um schnelle Fortschritte zu machen. Kommt er dagegen nur ungern zur Arbeit, weil er immer wieder belächelt wird oder weil die Kollegen unfreundlich sind, wird sich das zwangsläufig negativ auf seine Motivation und den Lernerfolg auswirken.
  • Macht Ihnen die Arbeit als Ausbilder Spaß und motiviert Sie? Erfolgreich ausbilden kann nur, wer Freude an seinem Job hat. Wenn Sie es lieben, Ihre Kompetenzen, Fertigkeiten und Erfahrung weiterzugeben, sollten Sie als Ausbilder durchstarten!


3. Das sagt unsere Expertin

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Eva-Maria Popp I Ausbildungsberaterin





4. Tipps und Tricks für die erstmalige Ausbildung

Nachdem Sie nun die wichtigsten Voraussetzungen für die Ausbildung im Betrieb kennen, möchten wir Ihnen einige hilfreiche Tipps zur konkreten Umsetzung an die Hand geben. Sowohl für die Vorbereitung als auch für die eigentliche Ausbildung selbst.



Praktika im Voraus

Vereinbaren Sie mit jedem potenziellen Azubi einen kurzen Praktikumszeitraum. So können Sie den möglichen Azubi besser kennenlernen und prüfen, ob er für den gewünschten Beruf geeignet ist. Auch der Azubi bekommt so die Möglichkeit, in das Berufsfeld reinzuschnuppern. Im besten Fall zeigen Sie dem Azubi den klassischen Arbeitsalltag und lassen ihn ggf. auch selbst bereits Hand anlegen. Sollte die Berufswahl doch nicht passend sein oder vielleicht einfach die Chemie nicht stimmen, dann können Sie sich direkt überlegen, ob in diesem Fall eine Ausbildung überhaupt sinnvoll ist. So werden Ausbildungsabbrüche aufgrund fehlendem Interesses und Eignung vermieden.



Ausbildungsplan erstellen

Der Ausbildungsrahmenplan wird zwar von der HWO geregelt, trotzdem ist es die Aufgabe des Betriebs, diesem Rahmenplan konkrete Aufgaben zuzuweisen und passend dafür einen eigenen Ausbildungsplan zu erstellen. Er regelt praktisch, welche Inhalte in welcher Form vor Ort im Betrieb vermittelt werden.

Ein solcher Ausbildungsplan macht die gemeinsame Zusammenarbeit für alle Beteiligten deutlich einfacher und ist somit eine wichtige Voraussetzung zum erfolgreichen Ausbilden. Sowohl Betrieb als auch Lehrlinge wissen dadurch jederzeit, welche Themen aktuell wichtig sind und in Zukunft bearbeitet werden. Die Organisation während der Ausbildung wird ebenfalls deutlich entspannter, da man sich Stück für Stück an einem roten Faden entlanghangeln kann und ungeplante Abweichungen eher selten der Fall sind.

Wichtig: Der Ausbildungsplan wird den Azubis bei Beginn der Ausbildung vorgelegt. Auch der Urlaubsanspruch und die Dauer der Probezeit müssen hier festgehalten werden.



Die richtigen Azubis wählen

Auch wenn gute Noten immer noch ein Indiz für Engagement sind und als wichtige Voraussetzung zum Ausbilden gelten, bedeuten sie noch lange nicht alles. Ein möglicher Azubi sollte daher nicht nur nach seinen Noten beurteilt werden, sondern vor allem auch nach seinen potenziellen Fähigkeiten.

Auch an dieser Stelle kommen Ihnen daher Praktika zugute, um unterschiedliche Charaktere und Menschentypen auf ihre persönliche Eignung zu testen.

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Die Probezeit zur genauen Beobachtung nutzen

Häufig melden sich Azubis oder Betriebe nach der Probezeit und beschweren sich oder wollen kündigen. Dies ist dann nicht mehr so einfach – für beide Seiten. Setzen Sie daher den Azubi in der Probezeit in verschiedenen Bereichen ein und schauen Sie sich an, wie er oder sie sich schlägt. 

Wichtig dabei: Vertrauen Sie nicht nur Ihrem eigenen Urteil, sondern hören Sie sich auch das Feedback der Kollegen an. Manchmal stimmt die Chemie zwischen Ausbilder und Azubi einfach nicht. Als Ausbilder ist man zwar für die Lehre verantwortlich; dennoch können Sie es für sich nutzen, wenn ein Azubi zu anderen Kollegen ein besseres Verhältnis hat.

Sollte zum Beispiel ein Lehrling Ihnen gegenüber immer vorbildlich auftreten, bei allen anderen Mitarbeitern aber einen schlechten Ruf genießen, ist das ein eher ungutes Zeichen. An dieser Stelle ist es immer wichtig, das Wohl der Firma über die eigenen Befindlichkeiten zu stellen.





Regelmäßige Feedbackgespräche führen

Regelmäßige Feedbackgespräche sollten der Normalzustand sein, um eine gute Ausbildung gewährleisten zu können. Ist ein Azubi nicht zufrieden, wird er versuchen zu wechseln. Das ist – zumindest während der Probezeit – für die meisten Azubis kein Problem, da es viele unbesetzte Ausbildungsstellen gibt. 

Aber auch nach der Probezeit sollte der Azubi die Möglichkeit bekommen, sich regelmäßig mit den verantwortlichen Ausbildern auszutauschen. Das kann ein kurzes Gespräch pro Woche oder auch ein längeres Treffen einmal im Monat sein. 

Die Inhalte können Sie gemeinsam mit dem Azubi bestimmen: von einem Rückblick auf die letzten Wochen, über die Festlegung neuer (Teil-)Ziele oder dem Besprechen von Problemen bei der Arbeit oder mit Kollegen. 

Planen Sie diese Feedbackgespräche fest in die Arbeitszeit ein und nehmen das Gespräch ernst. Wichtig dabei: Sie sollten nicht nur Feedback weitergeben, sondern sich auch selbst Feedback zurückgeben lassen.



Das Jugendarbeitsschutzgesetz im Blick haben

Ein Thema, das bei der Ausbildung gerne mal “übersehen” wird, ist das Jugendarbeitsschutzgesetz. Es gilt für Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren und gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen für die Ausbildung. Außerdem regelt es die folgenden Punkte:

  • Arbeitsdauer pro Tag/pro Woche
  • Urlaubstage pro Jahr
  • Art der Arbeit

Wird das Jugendarbeitsschutzgesetz nachweislich gebrochen, drohen erhebliche Strafen von bis zu 30.000 €. Weitere wichtige Infos zum Gesetz können Sie hier nachlesen:  Jugendarbeitsschutzgesetz





Über- und Unterforderung vermeiden

Ein Knackpunkt der Ausbildung sind die Themen Überforderung und Unterforderung. Sowohl Über- wie Unterforderungen können dazu führen, dass ein Azubi das Interesse an einer Ausbildung verliert. Entweder, weil es ihm zu langweilig wird oder weil die Ausbildungsintensität überfordernd ist.

Auch an dieser Stelle werden Feedbackgespräche besonders wichtig. Sie können die einzelnen Azubis zum Beispiel ganz bewusst fragen, ob ihnen die Ausbildung zu monoton, zu langsam oder auch zu überfordernd oder auslaugend ist.

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Auf typische Warnsignale achten

Mögliche Warnsignale, dass etwas nicht stimmt, sind folgende:

  • hohe Fehlzeiten (entschuldigte und unentschuldigte)
  • viele Verspätungen
  • Motivationsverlust
  • ständige Müdigkeit
  • abnehmende Lern- und Arbeitsqualität
  • aufmüpfiges Verhalten

Auch wenn sich ein Azubi immer stärker von den Kollegen abschottet oder auf einmal verändertes und nicht angebrachtes Verhalten zeigt, sollten Sie hellhörig werden. 

Sobald Sie solche Warnsignale erkennen, suchen Sie ein Gespräch auf Augenhöhe oder fragen ggf. einen anderen Mitarbeitenden um Unterstützung beim Gespräch. Sie können sich in solchen Fällen auch an die Ausbildungsberater der Handwerkskammer wenden und um ein gemeinsames Treffen bitten.







Infografik_Ausbildungsbetrieb_1
HWK

Infografik_Ausbildungsbetrieb_2
HWK





5. Gute Ausbildung – gute Fachkräfte

Am Ende gilt immer folgender Leitsatz: Gute Ausbildung - gute Fachkräfte! Auch wenn eine Lehre im eigenen Betrieb zeitaufwendig ist und einige Voraussetzungen für die Ausbildung erfüllt werden müssen, hat sie auch sehr viele Vorteile. Der Größte ist wohl folgender: Sie können Ihre ganz eigenen Nachwuchskräfte ausbilden. So haben Sie zukünftig Mitarbeitende, die Sie passgenau einsetzen können, die man nicht mehr einarbeiten muss und deren Stärken und Entwicklungspotenziale Ihnen bekannt sind.

Die Zeit, die Ihnen Azubis zu Beginn kosten, werden sie im Nachgang doppelt und dreifach wieder reinholen. In Form von zufriedenen Kunden, hervorragenden Ergebnissen und Entlastungen anderer Mitarbeiter. Außerdem halten Sie gleichzeitig das Handwerk am Leben. Dies ist ihr Beitrag gegen den Fachkräftemangel!

SHK_Ausbilder_Azubi
Beate Astrid Hentschke - HWK