BetriebsführungPersonalmanagement

Voraussetzungen für die Ausbildung: Was Sie als Handwerksbetrieb beachten sollten

Was tun gegen den immer stärker werdenden Fachkräftemangel im Handwerk? Am besten: selber ausbilden! Doch für viele Handwerksbetriebe stellt dieser Schritt zu Beginn eine große Hürde dar und es tauchen unzählige Fragen auf: Welche Voraussetzungen zur Ausbildung müssen Betriebe erfüllen? Welche rechtlichen Schritte gibt es zu beachten? Was muss ich als Betrieb im Voraus klären und organisieren? Wie sollte man bei der Erstausbildung am besten vorgehen? All diese Fragen und noch viel mehr werden wir nun für Sie im Laufe des Beitrags beantworten.

Azubis ausbilden

1. Rechtliche Voraussetzungen zum Ausbilden

Bei den Ausbildungsberaterinnen und Ausbildungsberatern der Handwerkskammern melden sich immer häufiger Betriebe mit dem Wunsch, erstmals Auszubildende aufzunehmen. Dazu muss man als Handwerksunternehmen einige rechtliche Voraussetzungen für die Ausbildung erfüllen. Die exakten Gesetzestexte und Paragraphen sind in der Handwerksordnung (HwO) und im Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt. Die wichtigsten Punkte haben wir dennoch hier für Sie in leicht verständlichen Worten zusammengefasst:

  • Der Betrieb muss eine:n Mitarbeiter:in in seinen Reihen haben, der/die entweder über einen Meister- bzw. Meisterintitel oder über einen ADA-Schein verfügt bzw. die Ausbildereignungsprüfung erfolgreich abgeschlossen hat. Nur so wird man als Unternehmen zum Ausbilden berechtigt.

  • Darüber hinaus sollte der Betrieb problemlos alle in den entsprechenden Ausbildungsordnungen festgehaltenen Ausbildungsinhalte vermitteln können und dafür auch über die passende Ausstattung verfügen. Die genauen Ausbildungsordnungen für Ihre Branche können Sie bei der regionalen Handwerkskammer anfordern.

  • Neben der fachlichen Eignung muss ein/eine Ausbilder:in auch persönlich geeignet sein. Er/sie darf im Voraus nicht gegen das Berufsbildungsgesetz und gegen die Handwerksordnung verstoßen haben. Auch ein Verbot, Jugendliche nicht beschäftigen zu dürfen, darf nicht vorliegen.

2. Weitere Voraussetzungen für die Ausbildung im Betrieb

Neben den rechtlichen Bedingungen gibt es noch weitere Voraussetzungen für die Ausbildung im Betrieb. Diese sind zwar nicht gesetzlich festgehalten, sollten für eine erfolgreiche Ausbildung aber trotzdem erfüllt werden:

  • Ist genug Zeit vorhanden? Ein Betrieb und die darin tätigen Mitarbeitenden sollten sich im Voraus die Frage stellen, ob sie die zeitlichen Ressourcen für eine Ausbildung zur Verfügung haben. Denn klar ist: Auszubildende benötigen zu Beginn viel Zeit – und das ist auch richtig so! Immerhin sollen am Ende gut ausgebildete Fachkräfte entstehen, die irgendwann ganz selbstständig arbeiten können.

  • Können Sie oder Ihre Ausbilder:innen Geduld mitbringen? Bei der Arbeit mit jungen Auszubildenden ist jede Menge Beharrlichkeit gefragt! Es geht nämlich nicht nur darum, Ihr berufliches Know-how weiterzugeben, sondern die Auszubildenden auf ihrem Entwicklungsweg vom Jugendlichen zum jungen Erwachsenen zu begleiten. Das kann mitunter die Geduldsnerven strapazieren und zu einer Herausforderung werden.

  • Herrscht ein angenehmes Betriebsklima? Die Auszubildenden müssen sich wohl und angenommen fühlen, um schnelle Fortschritte zu machen. Kommt er/sie dagegen nur ungern zur Arbeit, weil er/sie immer wieder belächelt wird, oder weil die Mitarbeitenden unfreundlich sind, wird sich das zwangsläufig negativ auf seine Motivation und den Lernerfolg auswirken.

  • Macht Ihnen die Arbeit als Ausbilder:in Spaß und motiviert Sie? Erfolgreich ausbilden kann nur, wer Freude an seinem Job hat. Wenn Sie es lieben, Ihre Kompetenzen, Fertigkeiten und Erfahrung weiterzugeben, sollten Sie als Ausbilder:in durchstarten!

3. Das sagt unsere Expertin

Tipps für die Ausbildung

Eva-Maria Popp | Ausbildungsberaterin

4. Tipps und Tricks für die erstmalige Ausbildung

Nachdem Sie nun die wichtigsten Voraussetzungen für die Ausbildung im Betrieb kennen, möchten wir Ihnen einige hilfreiche Tipps zur konkreten Umsetzung an die Hand geben. Sowohl für die Vorbereitung als auch für die eigentliche Ausbildung selbst.

Praktika im Voraus

Vereinbaren Sie mit jedem/jeder potenziellen Auszubildenden einen kurzen Praktikumszeitraum. So können Sie ihn/sie besser kennenlernen und prüfen, ob er/sie für den gewünschten Beruf geeignet ist. Auch der/die Auszubildende bekommt so die Möglichkeit, in das Berufsfeld reinzuschnuppern. Im besten Fall zeigen Sie dem/der Auszubildenden den klassischen Arbeitsalltag und lassen ihn/sie ggf. auch selbst bereits Hand anlegen. Sollte die Berufswahl doch nicht passend sein oder vielleicht einfach die Chemie nicht stimmen, dann können Sie sich direkt überlegen, ob in diesem Fall eine Ausbildung überhaupt sinnvoll ist. So werden Ausbildungsabbrüche aufgrund fehlenden Interesses und Eignung vermieden.

Die richtigen Auszubildenden wählen

Auch wenn gute Noten immer noch ein Indiz für Engagement sind und als wichtige Voraussetzung zum Ausbilden gelten, bedeuten sie noch lange nicht alles. Ein/eine mögliche:r Auszubildende:r sollte daher nicht nur nach seinen Noten beurteilt werden, sondern vor allem auch nach seinen potenziellen Fähigkeiten.

Auch an dieser Stelle kommen Ihnen daher Praktika zugute, um unterschiedliche Charaktere und Menschentypen auf ihre persönliche Eignung zu testen.

Ausbildung im Betrieb

Ausbildungsplan erstellen

Der Ausbildungsrahmenplan wird zwar von der HWO geregelt, trotzdem ist es die Aufgabe des Betriebs, diesem Rahmenplan konkrete Aufgaben zuzuweisen und passend dafür einen eigenen Ausbildungsplan zu erstellen. Er regelt praktisch, welche Inhalte in welcher Form vor Ort im Betrieb vermittelt werden.

Ein solcher Ausbildungsplan macht die gemeinsame Zusammenarbeit für alle Beteiligten deutlich einfacher und ist somit eine wichtige Voraussetzung zum erfolgreichen Ausbilden. Sowohl Betrieb als auch Auszubildende wissen dadurch jederzeit, welche Themen aktuell wichtig sind und in Zukunft bearbeitet werden. Die Organisation während der Ausbildung wird ebenfalls deutlich entspannter, da man sich Stück für Stück an einem roten Faden entlanghangeln kann und ungeplante Abweichungen eher selten der Fall sind.

Wichtig

Der Ausbildungsplan wird den Auszubildenden bei Beginn der Ausbildung vorgelegt. Auch der Urlaubsanspruch und die Dauer der Probezeit müssen hier festgehalten werden.

Die Probezeit zur genauen Beobachtung nutzen

Häufig melden sich Auszubildende oder Betriebe nach der Probezeit und beschweren sich oder wollen kündigen. Dies ist dann nicht mehr so einfach – für beide Seiten. Setzen Sie daher den/die Auszubildende:n in der Probezeit in verschiedenen Bereichen ein und schauen Sie sich an, wie er oder sie sich schlägt.

Wichtig dabei

Vertrauen Sie nicht nur Ihrem eigenen Urteil, sondern hören Sie sich auch das Feedback der Mitarbeitenden an. Manchmal stimmt die Chemie zwischen Ausbilder:in und Auszubildenden einfach nicht. Als Ausbilder:in ist man zwar für die Lehre verantwortlich; dennoch können Sie es für sich nutzen, wenn ein/eine Auszubildende zu anderen Mitarbeitenden ein besseres Verhältnis hat.

Sollte zum Beispiel ein/eine Auszubildende:r Ihnen gegenüber immer vorbildlich auftreten, bei allen anderen Mitarbeitenden aber einen schlechten Ruf genießen, ist das ein eher ungutes Zeichen. An dieser Stelle ist es immer wichtig, das Wohl der Firma über die eigenen Befindlichkeiten zu stellen.

Fachkräftemangel im Handwerk

Regelmäßige Feedbackgespräche führen

Regelmäßige Feedbackgespräche sollten der Normalzustand sein, um eine gute Ausbildung gewährleisten zu können. Ist ein/eine Auszubildende:r nicht zufrieden, wird er/sie versuchen zu wechseln. Das ist – zumindest während der Probezeit – für die meisten Auszubildenden kein Problem, da es viele unbesetzte Ausbildungsstellen gibt.

Aber auch nach der Probezeit sollte der/die Auszubildende die Möglichkeit bekommen, sich regelmäßig mit den verantwortlichen Ausbildern und Ausbilderinnen auszutauschen. Das kann ein kurzes Gespräch pro Woche oder auch ein längeres Treffen einmal im Monat sein.

Die Inhalte können Sie gemeinsam mit dem/der Auszubildenden bestimmen: von einem Rückblick auf die letzten Wochen, über die Festlegung neuer (Teil-)Ziele zu dem Besprechen von Problemen bei der Arbeit oder mit Mitarbeitenden.

Planen Sie diese Feedbackgespräche fest in die Arbeitszeit ein und nehmen das Gespräch ernst.

Wichtig dabei

Sie sollten nicht nur Feedback weitergeben, sondern sich auch selbst Feedback zurückgeben lassen

Das Jugendarbeitsschutzgesetz im Blick haben

Ein Thema, das bei der Ausbildung gerne mal “übersehen” wird, ist das Jugendarbeitsschutzgesetz. Es gilt für Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren und gehört zu den wichtigsten Voraussetzungen für die Ausbildung. Außerdem regelt es die folgenden Punkte:

  • Arbeitsdauer pro Tag/pro Woche
  • Urlaubstage pro Jahr
  • Art der Arbeit

Wird das Jugendarbeitsschutzgesetz nachweislich gebrochen, drohen erhebliche Strafen von bis zu 30.000 €. Weitere wichtige Infos zum Gesetz können Sie hier nachlesen: Jugendarbeitsschutzgesetz

Über- und Unterforderung vermeiden

Ein Knackpunkt der Ausbildung sind die Themen Überforderung und Unterforderung. Sowohl Über- wie Unterforderungen können dazu führen, dass ein/eine Auszubildende:r das Interesse an einer Ausbildung verliert. Entweder, weil es ihm/ihr zu langweilig wird oder weil die Ausbildungsintensität überfordernd ist.

Auch an dieser Stelle werden Feedbackgespräche besonders wichtig. Sie können die einzelnen Auszubildenden zum Beispiel ganz bewusst fragen, ob ihnen die Ausbildung zu monoton, zu langsam oder auch zu überfordernd oder auslaugend ist.

Auf typische Warnsignale achten

Mögliche Warnsignale, dass etwas nicht stimmt, sind folgende:

  • hohe Fehlzeiten (entschuldigte und unentschuldigte)
  • viele Verspätungen
  • Motivationsverlust
  • ständige Müdigkeit
  • abnehmende Lern- und Arbeitsqualität
  • aufmüpfiges Verhalten

Auch wenn sich ein/eine Auszubildende:r immer stärker von den Kollegen und Kolleginnen abschottet oder auf einmal verändertes und nicht angebrachtes Verhalten zeigt, sollten Sie hellhörig werden.

Sobald Sie solche Warnsignale erkennen, suchen Sie ein Gespräch auf Augenhöhe oder fragen ggf. eine:n andere:n Mitarbeitende:n um Unterstützung beim Gespräch. Sie können sich in solchen Fällen auch an die Ausbildungsberater:innen der Handwerkskammer wenden und um ein gemeinsames Treffen bitten.

Ausbildung Azubi

5. Gute Ausbildung – gute Fachkräfte

Am Ende gilt immer folgender Leitsatz: Gute Ausbildung - gute Fachkräfte! Auch wenn eine Lehre im eigenen Betrieb zeitaufwendig ist und einige Voraussetzungen für die Ausbildung erfüllt werden müssen, hat sie auch sehr viele Vorteile. Der Größte ist wohl folgender: Sie können Ihre ganz eigenen Nachwuchskräfte ausbilden. So haben Sie zukünftig Mitarbeitende, die Sie passgenau einsetzen können, die man nicht mehr einarbeiten muss und deren Stärken und Entwicklungspotenziale Ihnen bekannt sind.

Die Zeit, die Ihnen Auszubildende zu Beginn kosten, werden sie im Nachgang doppelt und dreifach wieder reinholen. In Form von zufriedenen Kunden und Kundinnen, hervorragenden Ergebnissen und Entlastungen anderer Mitarbeitenden. Außerdem halten Sie gleichzeitig das Handwerk am Leben. Dies ist ihr Beitrag gegen den Fachkräftemangel!

Weiterführende Themen